Webformulare: Anpassung wird empfohlen

In Stellenanzeigen gehört die Formulierung „männlich/weiblich/divers“ längst zum Standard. Dass auch Bestellformulare und Anmeldemasken im Internet das dritte Geschlecht als Wahlmöglichkeit enthalten müssen, hat nun das Oberlandesgericht Karlsruhe klargestellt.

Webformulare: Anpassung wird empfohlen

In Stellenanzeigen ist die Formulierung „männlich/weiblich/divers“ längst gewohnter Standard. Ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe stellt klar, dass auch Formulare und Anmeldemasken im Internet das dritte Geschlecht als Wahlmöglichkeit enthalten müssen.

Unerlaubte Diskriminierung von Personen nicht-binärer Geschlechtsidentität durch Auswahlmöglichkeit von nur zwei Geschlechtern beim Online-Shopping

Werden nur "Herr" und "Frau" als Anredeoptionen angeboten, so wird eine nicht-binäre Person diskriminiert, so das Urteil des OLG Karlsruhe.

Hintergrund war die Verletzung des Persönlichkeitsrechts.

Sowohl das Landgericht Mannheim (Az. 9 O 188/20) als auch das OLG Karlsruhe (Az. 24 U 19/21) erkannten an, dass die klagende Person in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt worden war. Anders als Menschen mit männlichem oder weiblichem Geschlecht habe B. sich beim Kaufabschluss auf eine Angabe festlegen müssen, die nicht mit der tatsächlichen geschlechtlichen Identität übereinstimmte.

Auszug aus der Pressemitteilung des OLG Karlsruhe:
Die klagende Person, in deren Personenstandsdaten beim Standesamt „keine Angabe“ unter der Rubrik „Geschlecht“ eingetragen ist, hatte auf der Website eines Bekleidungsunternehmens verschiedene Kleidungsstücke bestellt. Für die Registrierung und den Kauf war eine Auswahl zwischen den beiden Anreden „Frau“ oder „Herr“ erforderlich. Eine dritte Auswahl gab es zum damaligen Zeitpunkt nicht. Die getätigten Käufe wurden unter der Anrede „Herr“ bestätigt.

Die klagende Person macht aufgrund dieses Sachverhalts eine Entschädigung in Geld in Höhe von jedenfalls 2.500 Euro sowie einen Unterlassungsanspruch geltend. Damit hatte sie aber weder außergerichtlich noch vor dem Landgericht Mannheim Erfolg. Dessen klageabweisendes Urteil hat das Oberlandesgericht Karlsruhe jetzt im Ergebnis bestätigt.

Nach den Ausführungen des 24. Zivilsenats liegt zwar eine nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verbotene unmittelbare Benachteiligung der klagenden Person wegen des Geschlechts bei der Begründung eines zivilrechtlichen Schuldverhältnisses im Rahmen eines sog. Massengeschäfts vor. Die klagende Person konnte – anders als eine Person mit männlichem oder weiblichem Geschlecht – den Kaufvorgang nicht abschließen, ohne im dafür vorgesehenen Feld eine Angabe zu machen, die der eigenen geschlechtlichen Identität nicht entspricht. Hierdurch wurde zugleich das Allgemeines Persönlichkeitsrecht der klagenden Person in seiner Ausprägung des Schutzes der geschlechtlichen Identität verletzt.

Ansprüche auf Unterlassung oder eine Entschädigung in Geld konnten aufgrund der konkreten Gestaltung des Einzelfalls jedoch nach den weiteren Ausführungen des Senats nicht mit Erfolg geltend gemacht werden...

Endes Auszug Pressemitteilung

Fazit und Empfehlung für Websitebetreiber: Drittes Geschlecht sollte immer als Anrede angeboten und in der Kommunikation konsequent weiterverarbeitet werden.

Was auf dem Stellenmarkt schon lange gilt, wird unserer Ansicht nach auch in allen Webformularen umgesetzt werden müssen. Formulare und Eingabemasken, die nur nach „Herr“ und „Frau“ unterscheiden, verletzen Menschen mit nicht-binärer Geschlechtsidentität in ihrem Persönlichkeitsrecht. Ob im Einzelfall ein Anspruch auf Entschädigung besteht, hängt immer von der Schwere der Verletzung ab. Um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, sollte deshalb jetzt auch eine genderneutrale Anrede zur Auswahl gestellt werden.

Und bei der Weiterverarbeitung und in der Kommunikation mit den Kunden bzw. den Absendern der Formulare muss darauf geachtet werden, dass die Anredeformen angepasst werden. War also z. B. als Geschlecht "Divers" ausgewählt könnte beispielsweise die Anrede nur noch mit der Höflichkeitsform „Guten Tag [Vorname Nachname]“ vorgenommen werden.

Besonders relevant dürfte dies z.B. beim Anmeldeprozess und der Aussendung von Newslettern, aber auch bei allen sonstigen korrespondierenden Mails im Zusammenhang mit der Kontaktaufnahme über Webformulare sein.

Webformulare: Anpassung wird empfohlen
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